RS der 4 gegen Z-Community

Obwohl Karo eigentlich grade sehr böse auf Pinkas ist, muss sie laut Auflachen, als Leonie verkündet sie hätte gewonnen.

„Klar Leo, wenn 2 sich streiten freut sich der Dritte, was?“ Sie sieht zu Pinklas herüber. „Also gut, willst du jetzt mitspielen? Meinet wegen können wir auch nach deinen Regeln spielen Oder was anderes. Ist mir egal.“ Eigentlich will sie keinen Streit. Aber mit Pinkas streiten macht eigentlich echt Spaß. Wenigstens lässt er sich nicht alles gefallen, auch wenn er ihrer Meinung nach oft überreagiert.

Während wie noch darüber nachdenkt fällt Karo auf, dass ihr Magen knurrt. Sie hat gar nicht gemerkt, dass sie schon wieder einen solchen Hunger hat.
„Leo, hattest du nicht vorhin Würstchen aus dem Kühlschrank geholt? Wo sind die denn alle hin?“

Sandy spürt, dass Otti ihre Hand ergreift, und bleibt stehen. Sie wendet sich ihm zu, einen verletzten Gesichtsausdruck in ihrem Gesicht, aber sie hört ihm zu, wie er es von ihr erbeten hat. Sie lässt es auch zu, dass er ihr die Hände auf die Schultern legt und als er bestimmt verlangt, sie solle ihm zuhören, nickt sie. Er hat wohl ein Recht darauf, sich zu rechtfertigen.

Otti entschuldigt sich und beteuert, dass er ihr nicht wehtun wollte. Er erklärt, dass er nur das Kleid der Braut angesehen hat und sich vorgestellt hat, wie sie darin aussehen würde. Das ‚bezaubernd’ galt also seiner Vorstellung von Sandy in einem solchen Brautkleid.

Sandy sieht Otti sprachlos an, der mit hochrotem Kopf vor ihr steht und mit seinen Blicken offenbar Löcher in den Boden bohren will. Sie weiß gar nicht, was sie sagen soll, sie kommt sich so was von dumm vor. Wie konnte sie überhaupt an Otti zweifeln? Ihr Herz hätte ihr doch sagen müssen, dass ihre Bedenken völlig unbegründet sind. Sandy fällt Otti um den Hals und küsst ihn zärtlich auf den Mund. Sie schaut ihn zerknirscht an und sagt leise: „Es tut mir so leid, dass ich dir unterstellt habe … Ich war ja so dumm.“ Sie schmiegt sich in seine Arme und bittet zerknirscht: „Verzeihst du mir?

Leo grinst, als Karo lachend meint, dass wenn zwei sich streiten sich der Dritte freut. „Genau“, meint sie nur. Karo zeigt sich sogar versöhnlich und schlägt Pinkas vor, nach seinen Regeln zu spielen oder ganz etwas anderes. „Dann aber nur mit vorheriger Regelbestimmung“, sagt Leo entschieden.

Karo hat offenbar Hunger und fragt, wo die ganzen Würstchen geblieben sind. Leo macht sich auf die Suche und schließlich befördert sie noch ein paar einzelne übrig gebliebene Würstchen zutage. „Hier, die kannst du haben“, sagt Leo zu ihrer Schwester und schiebt auch gleich noch den Kartoffelsalattopf zu ihr hinüber. „Bedien dich“, fordert sie sie auf. „Und nimm dir noch ein paar Scheiben Brot.“. Leo durchstöbert die Vorräte. „Mist, an den Nachtisch hab ich natürlich nicht gedacht“, sagt sie ärgerlich.

Otti fährt erschrocken auf, als Sandy ihm plötzlich um den Hals fällt. "Was..." Zu mehr kommt er nicht, denn Sandy küsst ihn zärtlich auf den Mund. Völlig verunsichert und noch verwirrter sieht er ihr in die Augen. Schließlich sagt sie, es täte ihr so leid und sie sei ja so dumm. Otti versteht die Welt nicht mehr. Er ist nun fester denn je davon überzeugt, Mädchen sowieso niemals im Leben mehr verstehen zu lernen.

Sandy schmiegt sich in Ottis Arme und bittet ihm um Verzeihung. Otti ist wahnsinnig erleichtert, dass dieser Streit nicht eskaliert ist, erwiedert ihre Umarmung und drückt sie ganz fest an sich, während er ihr ein Küsschen auf die Stirn gibt. "Ach Sandy, natürlich. Das war doch nur ein dummes Missverständnis. Ist schon vergessen." Liebevoll streicht er ihr über den Kopf, streichelt mit der anderen Hand über ihren Rücken und legt seinen eigenen Kopf auf ihre Schulter. Leise flüstert er ihr zu: "Ich könnte dir niemals böse sein, du wirst immer mein Mäuschen bleiben. Und zwar mein Einziges."

Pinkas kann sich ein leises Lachen nicht verkneifen, als Leo meint, sie hätte gewonnen und fragt was sie nun als nächstes Spielen würden. Als Karo ihn darauf anspricht, ob er jetzt mitspielen will und sie könnten ihretwegen auch nach seinen Regeln spielen, dreht er sich kopfschüttelnd zu ihr um, während er langsam aufsteht. "Ach, auf einmal? Warum wundert mich das eigentlich noch...? Mädchen sind so... sprunghaft. Das muss an den Hormonen liegen. Mädchen sind ja sowieso immer ein bisschen... naja, sagen wir mal... seltsam, wenn sie in die Pubertät kommen. Und die ist bei dir schon voll und ganz ausgeprägt." Pinkas grinst übers ganze Gesicht, als er so über Karo spöttelt. Als er Karo ansieht, wie sie so vor ihm steht, muss er sich selbst eingestehen, dass sie doch eigentlich ganz süß ist und er sich wirklich sehr, sehr gerne hat. Aber das würde er ihr natürlich niemals sagen. Das wäre ja so etwas wie Hochverrat.

Karo fragt Leo, wo die ganzen Würstchen hin sind. Gerade, als Pinkas eine gute Ausrede sucht, warum er so viele davon verdrückt hat, kramt Leo noch ein paar Übrige hervor und reicht sie Karo. 'Glück gehabt, die hätte sich sicher aufgeregt, wenn sie wüsste, dass ich allein 5 gegessen habe', denk Pinkas, während er es sich bei den Mädchen im Stroh bequem macht. Leo erwähnt, dass sie nicht an den Nachtisch gedacht hat. "Ach, das ist doch egal. Wir haben doch genug Würstchen und Brot. Also ich brauch echt keinen Nachtisch mehr." Forschend nimmt Pinkas nun wieder die Spielesammlung in Augenschein. "Hm... Ok, ein anderes Spiel. Wie wäre es mit... ähm... 'Mensch ärgere dich nicht'? Ich bin blau."

Sandy ist froh, dass Otti ihre Entschuldigung gleich annimmt und sie schmiegt sich glücklich in seine Arme, als er sie zärtlich streichelt und ihr einen Kuss auf die Stirn gibt. Otti ist ihr auch nicht böse, da es einfach ein Missverständnis war, und als er seinen Kopf auf ihre Schulter legt und ihr sagt, sie würde immer sein Mäuschen bleiben und zwar sein einziges, würde sie am liebsten die Zeit anhalten.

So sehr sich Sandy auch über diese Worte freut, so ist ihr doch nur zu bewusst, dass dieser Ausflug irgendwann ein Ende haben wird. Und auch wenn Otti sagt, dass sie für immer sein einziges Mäuschen bleiben wird, wie kann er dieses Versprechen halten, wenn er in der Oberwelt lebt und sie wieder in die Unterwelt zurückkehren muss? Für einen Moment spürt sie eine große Traurigkeit in sich aufsteigen, ein tiefes Verlustgefühl, und unwillkürlich klammert Sandy sich noch etwas fester an Otti.

Als Sandy bewusst wird, was sie da tut, lässt sie Otti wieder los und verdrängt die Traurigkeit. Dafür ist später noch genügend Zeit, wenn sie zurückgekehrt ist. Sie will die Zeit, die sie mit Otti hat, genießen und sich daran erfreuen. Und die Erinnerung daran in ihrem Herzen festhalten, damit sie ihr ganzes Leben lang davon zehren kann. Sandy lächelt Otti an und ergreift seine Hand. „Dann lass uns reingehen und uns das Innere des Rathauses ansehen“, meint sie.

Jona entfernt sich diskret ein paar Schritte, als Otti und Sandy das Missverständnis aus dem Weg räumen, das beinahe zu einem Streit geführt hätte. Heimlich beobachtet er, wie liebevoll die beiden miteinander umgehen, ein wirklich sympathisches Pärchen.

Als alles geklärt ist, nähert Jona sich wieder und sagt zu Otti und Sandy: „Dann lauft mal los und schaut euch in aller Ruhe um, ich bleibe in der Nähe, falls ihr Fragen habt.“

Leo verdreht die Augen, als Pinkas schon wieder anfängt, Karo zu reizen und sie mit der Pubertät aufzuziehen. Als ob der einen Grund hätte, sich darüber lustig zu machen, der steckt doch selber bis über beide Ohren darin.

Als Leo sich darüber ärgert, dass sie nicht an den Nachtisch gedacht hat, meint Pinkas, dass sie genug Würstchen und Brot haben und er keinen Nachtisch braucht. Leo ist erleichtert und lehnt sich gesättigt zurück, bis Pinkas vorschlägt, Mensch ärgere dich nicht zu spielen und gleich verkündet, er sei blau. Leo lacht prustend los. „Hast du dir heimlich was in die Limo gemischt?“, fragt sie ihn frech und greift dann nach der roten Spielfigur.

Karo ist stocksauer, als Pinkas anfängt darüber zu sinnieren, dass Mädchen sprunghaft sind in der Pubertät und dass das wohl an den Hormonen liegen muss. Grade eben hatte sie noch versucht Frieden mit ihm zu schließen. Sie hatte ihm sogar angeboten nach seinen Regeln zu spielen und was ist der Dank dafür?

Karo fühlt einen Stich in ihrem Inneren. Eigentlich ist sie ja in Pinkas verliebt und möchte lieber mit ihm zusammen sein, als gegen ihn zu kämpfen. Sie sehnt sich danach, dass er sie nicht wie eine lediglich geduldete Schwester behandelt. Sondern wie ein normales Mädchen. Viele Jungs hatten schon mal bei ihr „angefragt“, aber Karo hatte immer wieder alle abblitzen lassen, weil es ihr unfair vorkommt mit einem anderen Jungen zusammen zu sein, wenn sie weiß, dass ihr Herz Pinkas gehört. Doch dieser trampelt immer wieder auf ihren Gefühlen herum.
‚Ist er denn wirklich so unsensibel und merkt das nicht? Oder kann er mich wirklich nicht leiden?’ fragt sie sich zum tausendsten Mal.

Doch sie sagt nichts zu Pinkas Sticheleien. Sie versucht einfach drüber hin weg zu sehen. Oftmals hatte sie das schon probiert und meistens hat es nicht geklappt. Dieser Junge warf sie einfach mit wenigen Worten völlig aus der Bahn.
So knabbert sie nur lustlos an dem Würstchen herum, welches Leonie ihr rüber geschoben hat.

Schließlich schlägt Pinkas vor „Mensch Ärgere Dich nicht“ zu spielen. Karo liebt das Spiel uns ist auch immer ganz gut darin. Sei freut sich auf eine Partie. Doch im selben Moment bestimmt Pinkas, dass er Blau ist. Karo wird schon wieder böse.
‚Also heute legt Pinkas es aber auch wirklich darauf an mich zu ärgern! Er weiß doch genau dass ich immer Blau nehme bei dem Spiel. Blau ist meine Liebling-Farbe!’

Karos Augen werden feucht. Irgendwie ist das alles zu viel für sie heute. Grade erst ist sie aus Zanrelots Verlies entkommen, dann haben sie Amon entführt, keiner Weiß wo die anderen Unterweltler sind oder wo Otti ist. Und anscheinend scheint es auch niemanden zu interessieren. Und jetzt wird sie auch noch von Pinkas genervt.

Karo schluckt. Sie mag Pinkas nicht ansehen. Sie hat Angst davor, dass er ihre aufkommenden Tränen sehen könnte und die Blöße will sie sich nicht geben.
So schaut sie nur Leonie an.
„Hmm.. spielt ihr mal alleine. Mit fällt grade ein, dass wir Mama und Sascha gar keinen Zettel hingelegt haben, dass wir in der Scheune schlafen. Ich lauf schnell rüber und schreibe ihnen einen. Und dann lege ich mich hin. Ich bin total erledigt. Ihr könnt mich wecken, wenn einer von Euch schlafen will. Dann löse ich euch ab.“

Karo verlässt die Scheune ohne sich noch mal umzudrehen. Sie ist froh, dass sie nun ein Paar Minuten für sich hat. Auf dem Weg zum Haus sieht sie Pinkas Fußball herumliegen. Sie nimmt Anlauf und schießt den Ball weit in die Weise. „So, das tat gut! Da kann er erstmal eine Weile nach dem dummen Ball suchen!“

Als Pinkas verkündet, dass er blau ist, fragt Leo frech, ober er sich heimlich was in die Limo getan hätte. Da muss er selbst laut loslachen, denn die Wortwahl war anscheinend ein wenig doppeldeutig. "Der war gut, Leo."

Kurz darauf meint Karo, sie würde jetzt rüber gehen, um Julia und Sascha einen Zettel hinzulegen und sie sei müde und würde dann auch gleich schlafen. Pinkas sind ihre feuchten Augen nicht entgangen. Etwas betröppelt blickt er ihr nach, als sie die Scheune verlässt. Er kann sich nicht erklären, was Karo plötzlich hat. Schließlich hat er doch nichts falsch gemacht. Gut, das vorhin war vielleicht etwas gemein, aber normalerweise lässt sie auch kein gutes Haar an ihm und kontert solche Sticheleien. Das ist nun mal so ihr Umgang miteinander. Aber vielleicht hat er es diesmal doch ein kleines bisschen übertrieben. Pinkas findet jedoch, dann solle sie eben sagen, was sie stört und nicht beleidigt abziehen.

Pinkas schüttelt kurz den Kopf und wendet sich dann wieder Leo zu. "Ok, also Karo will wohl nicht mitspielen. Dann spielen wir eben nur zu zweit. Wenn du willst, kannst du anfangen."

Otti folgt Sandys Aufforderung, das Rathaus zu betreten. Er sieht sich staunend um. So vieles hat sich verändert in den letzten Jahrhunderten. Sein Blick streift die Wand an der Bilder von ehemaligen Bürgermeistern hängen. Ottis Augen verweilen beim Bild von 'Wullenwever'. Kurz wendet er sich Jona zu. "Den kenne ich aus meinen Geschichtsbüchern. Tragisch, was dem passiert ist..." Dann sieht er zu Sandy hinüber. "Kennst du den? Das ist Wullenwever. Den haben sie damals eigentlich ohne Grund umgebracht."

Leo beobachtet nachdenklich Karo und Pinkas. Sie hat zwar selbst noch keine Erfahrungen im Verliebtsein, aber wozu gibt es denn das Fernsehen, wo das alles ganz genau beschrieben wird? Vor wenigen Tagen erst hat sie doch diese Folge gesehen, wo zwei total ineinander verknallt waren und keiner sich die Blöße geben wollte, es zuzugeben. Und die haben sich ganz genauso angezickt wie Karo und Pinkas.

Und noch etwas ist total verdächtig. In Karos Augen glitzern Tränen, als sie zu Leo sagt, sie wolle Mama und Sascha einen Zettel hinlegen, dass sie in der Scheune übernachten und sich selbst hinlegen, weil sie total erledigt sei. Pinkas schaut sie überhaupt nicht an und sie verschwindet so schnell, dass Leo ihr gar nicht sagen kann, dass sie längst einen Zettel auf den Küchentisch gelegt hat. Das würde Karo wohl auch nicht hören wollen, für Leo steht fest, dass ihre Schwester nur einen Vorwand gesucht hat, sich aus dem Staub zu machen, bevor sie zu viel von ihren Gefühlen zeigt.

Leo schaut zu Pinkas, der Karo ziemlich bedröppelt hinterherguckt. Aha, es ist ihm also nicht egal, dass Karo gegangen ist. Aber natürlich gibt er das auch nicht zu, sondern schlägt vor, dass sie zu zweit spielen. Er lässt Leo sogar den Vortritt, aber sie hat irgendwie keine Lust mehr zu spielen. Sie wendet nur die rote Spielfigur in ihren Fingern herum und schaut Pinkas mit leicht schräg gestelltem Kopf an. „Solltest du nicht lieber zu Karo gehen und ihr endlich mal sagen, dass du sie magst? Dann kann sie es vielleicht auch zugeben“, schlägt sie vor.

Sandy betrachtet das Innere des Rathauses geradezu fasziniert. Es sieht völlig anders aus als in der Gegenwart, und doch sind viele Dinge noch genauso, wie sie es in dieser Zeit waren. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Antikes den Lauf der Zeit so unbeschadet überstehen konnte.

Otti steht vor einem Bild und fragt Sandy, ob sie den Mann darauf kennt. Er erklärt, dass es Wullenwever ist, den sie eigentlich ohne Grund umgebracht haben. Mitfühlend betrachtet Sandy den Mann auf dem Bild, wie genau er gestorben ist, möchte sie gar nicht wissen. Schließlich antwortet sie mit leicht trauriger Stimme: „Im Laufe der Zeit wurden wohl leider unzählige Menschen getötet, die es nicht verdient haben. Und es wird wohl auch nie enden. Das Streben nach Macht und Reichtum waren wohl schon immer die Hauptmotivationen, jemanden zu töten und dieses Schicksal hat ihn wohl auch getroffen.“

Sandy wendet sich von dem Bild ab und entdeckt das Hochzeitspärchen wieder, das gerade aus einem der Räume tritt und sehr glücklich aussieht. Sie stupst Otti leicht an. „Das ist dann wohl der Trausaal.“ Sie versucht, einen Blick auf das Innere zu erhaschen, was ihr aber nicht gelingt, weil zu viele Menschen ihr die Sicht versperren. Sie zuckt mit den Schultern. „Dann schauen wir uns einfach noch ein wenig in den Gängen um, vielleicht steht irgendwo eine Tür offen, dann können wir ja mal reingucken, wie es darin aussieht.“

Jona nickt nur, als Otti davon spricht, wie tragisch es sei, was Wullenwever damals passierte. Er betrachtet das Bild seines Großvaters, den er nie persönlich kennenlernen durfte. Wie wäre wohl Jonas Leben verlaufen, wenn sein Großvater nicht getötet worden wäre? Wullenwevers Sohn, sein Vater, wäre nie zum Attentäter geworden und wäre auch nicht in die Unterwelt verbannt worden. Es hätte vielleicht ein ganz normales Familienleben gegeben. Jona wendet den Blick wieder von dem Bild ab, einer Vergangenheit nachzutrauern, die nie stattgefunden hat, macht das Geschehene nicht ungeschehen. Er ist ganz froh, dass Sandy vorschlägt, noch ein wenig durch die Gänge zu streifen und zu versuchen, einen Blick auf das Innere irgendeines Raumes zu erhaschen. „Nur zu“, erklärt er sich einverstanden.

Otti gibt Sandy bei jedem Wort recht, dass sie sagt. Es sind wirklich viel zu viele unschuldige Menschen zu Tode gekommen in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden. Er ist froh, dass Sandy das Thema wechselt, denn eigentlich ist er zu gut gelaunt, um über solch depremierende Dinge nachdenken zu wollen.

Sandy entdeckt den Trausaal und versucht anscheinend hineinzusehen, aber eine Menschenmenge versperrt ihr den Weg. Sie schlägt vor, ein wenig in den Gängen herumzugehen, um vielleicht in einen anderen Raum sehen zu können. Otti lächelt Sandy an und drückt kurz ihre Hand. "Okay, wie du meinst. Ich würde auch gern mal einen Rathaussaal von Innen sehen." Langsam schlendern sie den Gang entlang. Rechts und links von ihnen befinden sich mehrere Räume, von denen jedoch keine einzige Tür offen steht. Sehr viele Menschen sind im Rathaus unterwegs, die alle sehr beschäftigt und teilweise mächtig wichtig aussehen. "Guck dir die vielen Leute an. Was die hier wohl alle wollen...", murmelt Otti vor sich hin. Ein Stückchen weiter entdeckt er eine Tür, die einen Spalt offen steht. Er sieht Sandy abenteuerlutig an. "Was meinst du, ob wir da mal reingehen sollen?"

Pinkas sieht Leo verwundert an, als sie den Kopf schüttelt und meint, er solle lieber zu Karo gehen und ihr sagen, dass er sie mag. Sie könnte es dann vielleicht auch zugeben. Pinkas' Kopf wird rot. Er sieht Leo leicht verlegen an. "Ähm... Naja... Also... Eigentlich... Also... Naja..."

Pinkas erhebt sich langsam, während er sich nervös durch die perfekt gestylten Haare fährt und somit seine tolle Frisur zunichte macht. Nervös blickt er zwischen der Scheunentür und Leo hin und her. Pinkas weiß nicht recht, was er tun soll. Eigentlich hat Leo recht und er sollte Karo nachlaufen, ihr sagen, dass er sie gerne hat und sie vielleicht mal wieder in den Arm nehmen. Aber andererseits wäre das doch ein Zeichen von Schwäche, ein Verrat an den Männern auf dieser Welt. Pinkas überlegt, was in diesem Moment das Beste wäre und kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass es das Klügste wäre, wenigstens teilweise auf Leo zu hören.

Er macht sich auf den Weg in die Küche. Dort entdeckt er Karo. Ohne zu warten, bis sie ihn wirklich wahrnimmt und ohne große Umschweife beginnt Pinkas, denn er möchte es so schnell wie möglich hinter sich bringen. "Karo... Also... Ähm... Ich... Ich wollte mich nur... entschuldigen." Ein wenig verlegen blickt Pinkas vor sich hin. Er weiß nicht so recht, ob er Karo in die Augen sehen soll. Mit seinen Händen spielt er herum. Er weiß nicht, wo er sie hinstecken soll, also borht er an den Nagelwurzeln herum, während er fortfährt. "Vorhin in der Scheune... Also... Ich war echt gemein zu dir. Das tut mir echt leid... Und ich wollte noch sagen, dass ich... naja... also... du bist echt nett und ich... also... ich... ich find dich nett..."

Also Karo das Haus betritt hat sie erstmal nur einen Gedanken: Schokolade! Schokolade macht glücklich, ist ein Seelentröster. Und Karo hat es jetzt nötig getröstet zu werden.
Sie geht zum Schrank in dem Julia die Süßigkeiten verstaut.
‚Mist’ schimpft Karo. Dort ist nur noch eine Packung Butterkekse drin.

Unschlüssig steht sie in der Küche und weiß nicht so recht was mit sich anzufangen. Da sieht sie durch das Fenster, dass Pinkas zum Haus gelaufen kommt.

‚oh nein, auch das noch. Kann der mich denn nicht mal in Ruhe lassen. Der will mir doch eh nur wieder irgendwelches dummes Zeug an den Kopf schmeißen!’ Aber es ist zu spät um aus der Küche zu flüchten. Missmutig öffnet Karo den Kühlschrank uns starrt hinein. Den Anschein erwecken zu wollen, dass sie dort etwas suche.

Kaum hat Pinkas die Küche betreten Stottert er schon los, dass er sich entschuldigen möchte.
‚entschuldigen?’ Karo ist ganz überrasche und dreht sich zu Pinkas um. Dieser pult an seinen Fingern und druckst herum.

Karo kann es nicht verhindern, aber ihr wird irgendwie ganz warm ums Herz. Das Pinkas sich entschuldigt kommt selten vor. Und dass er dabei so rumdruckst muss ja bedeuten, dass es ihm auch echt wichtig ist.
‚Bin ich ihm vielleicht doch nicht so egal, wie er tut?’ Karo glaubt sie hat ein Gefühl von Schmetterlingen im Bauch. ‚So wie in den Kitschromanen’ muss sie innerlich kichern. Aber wie Pinkas da so bedröppelt steht ist er aber auch wieder zu süß!


Igendewann fährt Pinkas fort und meint er wäre schon gemein gewesen in der Scheune und das er sie ‚nett’ findet.
‚Nett???? was soll das denn heißen? ‚ fragt sie sich in Gedanken. In der Schule geht momentan der Spruch rum “Nett ist die kleine Schwester von Scheiße!“
Und schließlich spricht es auch aus.

„Nett? Was soll das denn heißen? Nett? Unseren Postboten finde ich nett. Und die Dame an dem Kiosk drüben an der Schule!“ Karo schüttelt den Kopf. „Außerdem sagst du mir doch immer ich sei eine Ziege. Und jetzt findest du mich nett? Es reicht anscheinend ja nicht mal für ein MAG. Also ich MAG auf jeden Fall Otti und Sascha. Grade weil wir so was eine Familie sind. Aber ich finde es toll, dass du mich zumindest nicht mehr so abstoßend findest, wie zu Anfang! Das ist ja immerhin ein Fortschritt“

Beleidigt schnappt sich Karo nun doch das Paket Butterkekse, dass noch im Süßigkeitenschrank liegt.
„Und nun gehe ich wieder zurück zur Scheune. Leo sollte nicht alleine mit Amon dort sein. Falls du mich suchst um mir noch was „nettes“ zu sagen. Ich bin dort!“

Pinkas ist froh, dass er es endlich hinter sich hat. Er hat Karo, wie er findet, schon sehr viel über seine Gefühle offenbart. Besser kann er es nicht und vor allem mehr kann er nicht sagen, da würde er sich irgendwie blöd vorkommen. So als Junge offen über Gefühle zu sprechen, das geht ja mal gar nicht. Pinkas ist überzeugt, dass Karo seine Entschuldigung annehmen wird und sie gemeinsam gut gelaunt in die Scheune zurückkehren können.

Doch Karos Reaktion zieht Pinkas den Boden unter den Füßen weg. Sie beginnt wieder einmal zu zicken und meint, sie fände den Postboten und die Dame vom Kiosk auch nett. Außerdem reiche es anscheinend nicht mal für ein mag. Sie sagt auch, sie würde Otti und Sascha mögen und fände es toll, dass er sie wenigstens nicht mehr so abstoßend findet wie am Anfang. Pinkas spürt, wie er wütend wird. Aber es ist nicht dieselbe Wut, die er sonst spürt, es ist noch etwas anderes mit dabei. Pinkas fühlt sich verletzt. Er hat Karo seine Gefühle offenbart und sie reißt ihm das Herz heraus und trampelt darauf herum. Er merkt, wie ihm die Tränen in die Augen schießen, doch zu weinen verkneift er sich. Nein, ein richtiger Mann weint nicht, schon gar nicht wegen einer solchen Schnepfe wie Karo. Wie konnte er auch nur denken, dass sie ihn versteht... Pinkas ballt die Fäuste, nur um nicht wirklich noch loszuweinen und um den Schmerz zu unterdrücken, was ihm aber letztendlich doch nicht gelingt.

Karo schnappt sich die Kekse und verkündet, sie gehe wieder zurück zur Scheune und er würde sie dort finden, wenn er ihr noch etwas nettes zu sagen habe. Pinkas kann seine Wut nicht mehr länger unterdrücken, ansonsten würde er jeden Moment platzen. Er brüllt Karo mit hochrotem Kopf hinterher. "Weißt du was? Du bist wirklich eine Ziege! Und was für eine! Glaub bloß nicht, dass ich jemals wieder was zu dir sagen werde. Du... Du bist so..." Pinkas muss kurz unterbrechen, weil sich seine Worte überschlagen. Eine Träne kullert über seine Wange, als er fortfährt. "Blöd bist du! Genau, du bist so blöd!!!" Seine Stimme wird leiser und Pinkas redet nur noch vor sich hin. "Wie konnte ich mich nur in so eine..." Doch schon steigt wieder die unendliche Wut in ihm auf. Er will nicht mehr mit Karo im selben Raum sein, nie wieder. Er öffnet das Küchenfenster und ruft ihr nochmals lautstark nach. "Ich bin oben in meinem Zimmer. Und lasst mich bloß alle in Ruhe!!!" Schon stapft er nach oben, knallt mit seiner ganzen Kraft die Zimmertür zu und verschließt sie.

Pinkas setzt sich an seinen Rechner. Irgendwie muss er sich jetzt einfach ablenken. Er will nicht an Karo denken. Das neueste Ballerspiel hält er für eine gute Lösung. Doch er geht schon im ersten Level "Game over" und wirft vor lauter Wut den Joystick um. Pinkas setzt sich frustriert in eine Ecke seines Betts. "Das ist doch alles Scheiße", murmel er vor sich hin, während er merkt, wie sich wieder das Gefühl des Verletztseins in ihm breit macht. Er will jetzt einfach nur noch seine Ruhe haben.

Sandy erwidert Ottis Lächeln, als er sagt, dass er auch gerne einmal einen Rathaussaal von innen sehen würde. Langsam schlendern sie Hand in Hand durch die Gänge, aber sämtliche Türen sind geschlossen. Otti fragt sich, was die vielen Leute hier alle wollen und Sandy meint: „Gute Frage. Vielleicht Meldeangelegenheiten oder Geburten und Todesfälle melden, irgendwelche Dokumente ausfertigen lassen, die Liste ist bestimmt endlos.“

Sie gehen weiter, ohne ein offenes Zimmer zu finden, und gerade als Sandy vorschlagen will, es aufzugeben und noch woanders hinzugehen, entdeckt Otti doch noch eine Tür, die einen Spalt offensteht. Otti schlägt vor, dort mal reinzugehen und Sandy lässt sich nicht lange bitten. „Klar, die Gelegenheit müssen wir unbedingt nutzen.“

Sandy schaut sich nach allen Seiten um, bevor sie die Tür weiter öffnet und vorsichtig hineinspäht. „Keiner da“, verkündet sie und schlüpft durch den Türspalt. Neugierig schaut sie sich um. Da sind einige gemütliche Sessel rund um ein Tischchen und etliche Gemälde hängen an den Wänden. Langsam nähert sie sich dem großen Schreibtisch, auf dem jede Menge Papiere liegen und auf dem ein Tintenfass steht, in dem eine Feder steckt. Sie versucht, das Dokument zu lesen, das ganz obenauf liegt, aber das ist gar nicht so einfach, da es in alter Schrift geschrieben ist. Sie müht sich ab, es zu entziffern und stellt schließlich fest: „Das ist eine Heiratsurkunde.“ Nach einem letzten Blick in die Runde schlägt sie vor: „Vielleicht sollten wir wieder verschwinden, bevor wir noch erwischt werden und erklären müssen, was wir hier wollen.“

Karo ist grade durch die Tür durch, als Pinkas sie anbrüllt, dass sie wirklich eine Ziege ist. Sie dreht sich um um die Tür zu schließen, als sie sieht, dass Pinkas eine Träne aus den Augen kullert. Leise schließ die die Tür und hält inne. Was war das denn jetzt? Pinkas weint? Dann hört sie ein leises Murmeln, was so klingt wie „wie konnte ich mich nur in so eine…“

Karo lässt sich auf den Fußboden im Windfang sinken. Dass sie sich dabei auf Leonies schmutzige Gummistiefel setzt ist ihr in diesem Moment egal. Hatte sie sich so in Pinkas getäuscht? Hatte sie auf sein „Nett“ überreagiert? War es ihm wirklich ernst damit und er hat nur mal wieder die falschen Worte benutzt?

Sie hört noch wie er das Fenster öffnet und ihr anscheinend hinterher brüllen will. Er scheint gar nicht zu bemerken, dass sie nicht draußen auf dem Weg zur Scheune ist.

Dann hört sie nur noch das Knarren der Treppe, als Pinkas wütend raufstampft und die Zimmertür zuknallt. Dann ist nur noch Stille. Bedrückende Stille.

Ein paar Minuten bleibt Karo im Windfang sitzen. Eigentlich ist es verdammt unbequem, aber sie merkt es kaum. Ihr Gedanken kreisen nun um Pinkas. Wieder und wieder geht sie das grade geführte Gespräch in Gedanken durch. Sein Stottern. Sein Pulen an den Fingern. Dass er sie nicht ansehen konnte. Im nach hinein stellt sie fest, dass es ihm total peinlich gewesen war.
Karo seufzt. Warum muss das mit den Jungs immer alles so kompliziert sein. Können die nicht einfach mal sagen, was sie meinen, ohne gleich zu denken sie verraten sich und die gesamte Männlich Weltbevölkerung?

Langsam steht sie auf, öffnet die Tür und geht die Treppe hoch. Zunächst hört sie die vertrauten Geräusche eine Baller-Spiels, aber dann scheint Pinkas verloren zu haben. Irgendwas fliegt durchs Zimmer.

Unschlüssig steht sie vor seiner Zimmertür. Soll sie ich nun sagen, dass sie das anscheinend alles falsch verstanden hat und dass ihr das auch Leid tut? Anscheinend hat sie ihn ebenfalls verletzt. Oder ist es besser noch zu warten bis er sich beruhig hat?
‚Nein’ sagt Karo zu sich selbst. ‚das kann nicht lange warten. Sonst reden wir noch den ganzen Tag an einander vorbei.’

Zaghaft klopft sie an Pinkas Zimmertür. Doch von drinnen kommt zunächst keine Antwort.
„Pinkas? Kann ich reinkommen? Wir müssen reden.“ Doch anscheinend teilt Pinkas ihre Ansicht nicht und lässt sie schmoren. Karo seufzt wieder. Und wiederum lässt sie sich auf dem Fußboden nieder.
„Pinkas, es tut mir leid. Irgendwie reden wir anscheinend an einander vorbei.“ So horcht kurz, aber von drinnen kommt keine Antwort. „Also ich habe eben gehört was du gesagt hast. Dieses: wie konnte ich mich nur in so eine… Ehrlich gesagt, habe ich mich auch schon oft gefragt…Naja.. also das damals in der Schule mit dem Brief. .. das war eigentlich kein Scherz. Das war schon Ernst gemeint.“ Weiter kann Karo nicht sagen. Sie muss sich schon anstrengen um die Tränen zurück zu halten. Sie hat ihm nun, ihrer Meinung nach, ziemlichklar gesagt, was sie fühlt.
‚Nun ist Pinkas an der Reihe’

Pinkas drängt sich verzweifelt an die Wand, an der das Bett anlehnt. Was soll er denn sonst noch tun, damit Karo ihn endlich versteht. Er hat doch wirklich so klar wie möglich gesagt, was er fühlt. Warum versteht sie ihn nur nicht...? Plötzlich wird er durch ein leises Klopfen aus seinen Gedanken gerissen. Karo ist draußen. Sie fragt, ob sie reinkommen darf. Pinkas starrt auf die Tür und ist froh, dass er sie abgeschlossen hat. Er könnte Karo jetzt nicht in die Augen sehen. Erstens würde sie an seinen rötlichen Augen erkennen, dass er geweint hat und zweitens wüsste er auch gar nicht, was er zu ihr sagen soll. Er beschließt, vorerst einfach mal gar nichts zu sagen und abzuwarten. Vielleicht geht sie ja auch einfach wieder und lässt ihn allein.

Als sie jedoch sagt, es täte ihr leid und sie würden wohl aneinander vorbei reden, erhebt sich Pinkas langsam und steigt aus dem Bett. Leise geht er bis zur Tür. Er berührt den Schlüssel, dreht ihn aber nicht herum. Die andere Hand legt er auf die Tür. Pinkas weiß nicht recht, was er nun tun soll. Da draußen ist Karo, die sich eben bei ihm entschuldigt hat und ihr Tonfall lässt darauf schließen, dass es ihr wirklich ernst damit ist. Leise flüstert er 'Karo', während er behutsam und tonlos über die verschlossene Tür streicht.

Karo beginnt wieder zu sprechen. 'Sie ist noch da', denkt Pinkas erleichtert, während sich ein kleines Lächeln in seinem Gesicht breit macht. Auch, wenn er es sich nicht so recht eingestehen will, es ist ihm wichtig und er freut sich, dass er ihr anscheinend nicht egal ist. Karo sagt, sie hätte gehört, was Pinkas vorhin geflüstert hat, woraufhin ihm heiß und kalt wird. Das Ganze ist ihm so oberpeinlich, dass er schon wieder hochrot anläuft. Als Karo erwähnt, das mit dem Brief in der Schule sei ernst gemeint gewesen, lächelt Pinkas wieder. 'Sie ist so süß. Irgendwie bin ich doch ein Idiot, wenn ich ständig nur mit ihr streite.' Pinkas atmet tief durch, bevor er schließlich den Schlüssel herumdreht und ie Tür offnet. Da sitzt sie auf dem Fußboden, Tränen in den Augen, aber doch sowas von süß. Pinkas lächelt Karo leicht verlegen an. "Mir tuts auch leid. Ich... Ich war ein Idiot. Und der Brief... Also... Ich find dich nicht nur nett... Ich kann das halt nicht so sagen. Und ich... Also... Naja... Ich hoffe, du weißt, was ich meine." Lächelnd reicht Karo ihr die Hände, um ihr auf zu helfen. Er hofft, dass sie dieses Friedensangebot annimmt und seine Hände ergreift. Noch mehr als das hofft er aber, dass sie ihn richtig versteht. Er hat sich in Karo verliebt, sehr sogar. Aber er ist noch lange nicht soweit, das auch wirklich aussprechen zu können.

Otti freut sich, dass Sandy sofort einwilligt, das Zimmer zu betreten. Als sie sich umgesehen hat, geht sie hinein und Otti folt ihr unauffällig. Die Sessel sehen sehr gemütlich aus, sodass Otti gar nicht anders kann, als sich gleich in einen davon sinken zu lassen. Er bewegt sich darauf ein wenig hin und her, als würde er gerade in einem Kaufhaus einen Sessel aussuchen. "Ganz bequem. Jetzt weiß ich auch, warum die meisten Politiker so ein gutes Sitzfleisch haben", spöttelt er lachend. Otti erhebt sich wieder aus dem Sessel und untersucht ein Schränkchen, das an der Wand aufgebaut ist. Doch die Tür ist verschlossen. "Schade. Da sind bestimmt geheime Unterlagen drin. Die wären sicher interessant gewesen."

Sandy hat in der Zwischenzeit ein Dokument auf den Tisch entdeckt, das sie genauer betrachtet. Sie sagt, es sei eine Heiratsurkunde und Otti beugt sich interessiert über das alte Schriftstück. "Wie kannst du das nur lesen? Ich könnte das nie entziffern", staunt er.

Sandy schlägt vor, lieber wieder zu gehen, bevor sie erwischt werden und erklären müssten, was sie hier wollen. Otti zuckt mit den Schultern. Er stupst Sandy leicht auf die Nase. "Okay, wenn du Angst hast, gehen wir lieber wieder." Schließlich legt er seinen Arm um sie und küsst sie zärtlich auf die Wange. "Aber ich würde dich natürlich beschützen, wenn die bösen Männer kommen würden." Otti lacht, während er Sandys Hand ergreift und mit ihr zur Tür geht. Schnell schlüpft er durch den Spalt und passt auf, dass auch Sandy ungesehen den Raum verlassen kann. Dann wendet er sich Jona zu, der vor der Tür gewartet hat. "Herr Levy, ich glaube wir haben vom Rathaus genug gesehen. Könnten Sie uns bitte noch was anderes zeigen?" Erwartungsfroh blickt er Jona an.

Otti will diese Zeitreise so weit hinauszögern, wie nur irgendwie möglich. Auch, wenn er schon vor einer halben Stunde auf seine Uhr gesehen und bemerkt hat, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt, zurückzukehren. Es sei denn, sie wollten wirklich dort bleiben. Dies würde jedoch ungeahnte Schwierigkeiten aufwerfen und für die Gegenwart wäre es auch undenkbar. Otti verdrängt all diese Gedanken schnell wieder, denn sie haben ja noch ein paar Stunden. Ein paar Stunden, die nur ihnen gehören und die ihnen kein Mensch oder Dämon jemals wieder nehmen kann.

Sandy muss lachen, als Otti einen der Sessel ausprobiert, ihn bequem findet und meint, es wäre kein Wunder, warum die meisten Politiker ein so gutes Sitzfleisch haben. „Da hast du wohl recht“, kichert sie. „Vielleicht wäre es besser, ihnen einfache Holzstühle zu geben, dann würden sie erstens nicht so schnell einschlafen und sie würden sich zweitens vermutlich ein wenig beeilen, Entscheidungen zu treffen.“

Dass Sandy in der Lage ist, das alte Dokument zu entziffern, wundert Otti und Sandy meint lächelnd: „Wir hatten in der Schule mal einen freiwilligen Kurs, in dem wir die alte Schrift gelernt haben. Das Meiste hab ich zwar längst wieder vergessen, aber zumindest reicht es noch, um einzelne Wörter lesen zu können.“

Als Sandy vorschlägt, lieber wieder zu gehen, legt Otti ihr den Arm um die Schultern und verspricht, sie vor den bösen Männern zu beschützen, wenn sie denn kämen. Sandy lacht ein wenig verlegen und meint: „Ich bin wohl ein rechter Hasenfuß. Aber mit dir an meiner Seite kann mir ja nichts passieren.“

Als sie den Raum wieder verlassen haben, bittet Otti Jona, ihnen noch etwas anderes zu zeigen und Sandy freut sich, dass Otti noch nicht an die Heimreise denkt. Sie genießt jede Sekunde und möchte auf keine Einzige davon verzichten. Deshalb nickt sie bestärkend zu Ottis Bitte.

Jona wartet vor der Tür, bis Otti und Sandy sich genügen in dem Saal umgesehen haben und es dauert auch gar nicht so lang, bis sie wieder herauskommen. Otti bittet ihn, ihnen noch etwas Anderes zu zeigen und auch Sandy nickt dazu. Jona lächelt und erwidert: „Natürlich, es gibt noch viele Plätze in Lübeck, die sehenswert sind. Ich denke, St. Marien wäre ein gutes Ziel.“

Jona führt Otti und Sandy zur Kirche und erklärt: „Die Türme sind 125 Meter hoch, sogar noch 10 Meter höher als die des Lübecker Doms. Ein höheres Bauwerk gibt es in ganz Lübeck nicht. Ganz hinauf kann man zwar nicht steigen, aber trotzdem hat man von dort oben eine fantastische Aussicht über Lübeck. Der Aufstieg ist natürlich sehr anstrengend. Das Innere der Kirche ist aber auch sehenswert.“ Jona lässt die beiden sich in Ruhe die Kirche ansehen und selbst entscheiden, ob sie hineinwollen oder gar den Aufstieg wagen wollen.

Karo weiß nicht so recht, was sie jetzt noch sagen soll. Von drinnen ist kein Geräusch zu hören. Es ist ihr schon ein bisschen peinlich hier heulend auf dem Fußboden zu hocken. Und es hatte sie viel Mut gekostet über ihren Schatten zu springen und Pinkas auch nur ansatzweise zu verstehen zu geben wie gern sie ihn hat. Sie hofft nur, dass er ihre Verletzlichkeit jetzt nicht ausnutzt und mit einem dummen Spruch alles zerstört. Das würde sie ihm nie verzeihen.

Allmählich wurde es ihr unangenehm dort zu sitzen.
‚Wenn Pinkas jetzt nicht bald was sagt, kann er mir bis in alle Ewigkeit gestohlen bleiben’

Karo ist etwas erschrocken, als plötzlich de Tür aufgeht. Sie hatte von drinnen kein Geräusch gehört. Pinkas musste ganz leise zur Tür gegangen sein, als sie gesprochen hatte. Er lächelt sie an und sagt ihr, dass er ein Idiot ist. Karo muss ebenfalls lächeln. Als er ihr die Hände reicht und ihr helfen will aufzustehen wischt sie sich verstohlen die Tränen weg. Nicht, dass er die nicht sowieso schon gesehen hätte. Aber wenn sie schon peinlicherweise auf dem Fußboden vor seiner Zimmertür hockt, will sie ihm zumindest nicht auch noch verheult gegenüber stehen.

Verlegen greift sie nach seinen Händen und will sich daran hochziehen. Doch dann liegt Pinkas plötzlich neben ihr auf dem Fußboden. Karo muss laut auflachen:“ Tut mir Leid Pinkas, das war keine Absicht“ kichert sie. „Mein Bein ist eingeschlafen! Es kribbelt ganz doll.“

Umständlich steht sie auf und schüttelt ihr Bein. „Komm, nun helfe ich Dir auf.“
Dann stehen sie sich gegenüber und Karo wird plötzlich ganz warm. Das Lachen hat ihre düstere Stimmung wieder gelockert und am liebsten würde sie seine Hände nie wieder loslassen. Stattdessen ertappt sie sich dabei, wie sie überlegt, wie es wohl wäre ihn zu küssen. So richtig, nicht wie damals bei der Befreiung aus der Eisstarre.

„Ähm.. wir sollten zurück in die Scheune, bevor Amon noch dummes Zeug macht“ sagt sie verlegen, ohne jedoch große Anstalten zu machen zur Treppe zu gehen. Gespannt wartet sie, auf Pinkas Reaktion.