Amon steht neben dem Bett, beobachtet alles und bringt kein Wort heraus. Ihm sitzt ein dicker Kloß im Hals, aus Sorge um Zanrelot. Kurz hat Matreus ihn wach bekommen, aber er ist gleich wieder umgekippt. Wenn er nur wieder ganz in Ordnung kommt! Bald, bevor Amon verrückt wird! Amon nickt stumm, als Matreus ihn beruhigen will. Jona erklärt ihm ziemlich knapp, Zanrelot sei ohnmächtig geworden, sowas käme schon mal vor. Amon kennt Zanrelot noch nicht lange, aber er kann sich kaum vorstellen, dass das öfter vorkommt und einfach so passiert. Kein Grund zur Panik? Hm...
So sehr viel beruhigter ist Amon immer noch nicht, als Zanrelot zwar aufsteht, aber sich doch reichlich merkwürdig benimmt. Was ist denn bloß los mit ihm, zum Teufel? Dass er sich wieder hinsetzt und mehr Elixier trinkt, ist auf jeden Fall gut. Er erholt sich dann auch tatsächlich rasch und kann wieder in klaren Zusammenhängen denken und reden. Doch was er erzählt, ist einfach ungeheuerlich. Nun ist es an Amon, Klarheit in seine eigenen, sich überschlagenden Gedanken zu bringen.
Nachdem er nun mehr über die Zeitreise weiß, fällt es ihm etwas leichter, Jona zu vertrauen. Nicht hundertprozentig, so schnell geht das nicht. Aber es ist jetzt zumindest vorstellbar für ihn, dass Zanrelots Sohn es jetzt wirklich gut mit seinem Vater meint. Aber das andere... Sandy, eine Nachfahrin Zanrelots und Jonas? Die kleine Sandy, seine stinknormale Klassenkameradin und seit neuestem seine Schwester - eine "Prinzessin der Unterwelt"? Mit ihr an seiner Seite kann Zanrelot alles erreichen, wie Matreus sagt. Mit ihr, nicht mit Amon...
Amon fühlt sich auf einmal furchtbar klein und unwichtig. Alle, wirklich alle hier in seiner neuen Familie sind mit Zanrelot blutsverwandt - nur er nicht! Jona: Zanrelots Sohn, reumütig zurückgekehrt, um den zweithöchsten Platz in der Unterwelt wieder einzunehmen. Matreus: sein Neffe und langjähriger engster Vertrauter. Und Sandy: seine leibliche Nachfahrin, seine kleine Prinzessin. Wird Zanrelot je wieder einen Gedanken verschwenden an Amon, dieses fremde, dahergelaufene Waisenkind? Amon empfindet in diesem Moment ein quälendes Gefühl, das er als Heimkind gut kannte, aber hier in der Unterwelt noch nie empfunden hat: Neid.
Es gibt nur einen hier im Raum, der ebenso wenig mit Zanrelot verwandt ist wie er selbst und der im Rang noch unter ihm steht: Zonk, einer von den niedersten Bewohnern der Unterwelt, den Zanreloten. Ja, sogar unter ihnen noch der Geringste. Ein Wesen, das sich mindestens so klein und unbedeutend fühlt wie er. Das, wie sich bis zu ihm herumgesprochen hat, so nette Spitznamen trägt, wie "Trostpreis", "Montagsproduktion" oder "Müll". Amon verspürt in diesem Moment einen ihm bisher unbekannten Drang, diesen Schwächeren zu verletzen, nur um sich selbst ein kleines bisschen überlegen zu fühlen.
Er stupst Zonk leicht in die Seite und sagt leise zu ihm: "Na, und du? Was bist du jetzt? Der Leibdiener der Prinzessin? Oder der Müll in ihrem goldenen Papierkorb?" Im gleichen Moment staunt er über seine eigene Gehässigkeit gegenüber dem unschuldigen, kleinen Kerl und schämt sich eigentlich auch. Aber es hat trotzdem irgendwie gut getan.