Jona denkt über Zanrelots Worte nach. Kann es wirklich sein, dass Tote alles wissen? Und dass es seiner Mutter ihn liebt, obwohl er sie verraten hat? Wie gern würde er mit ihr reden und sie fragen. Ob er sie wiedersehen wird, wenn er tot ist? Allein dafür würde es sich doch schon lohnen, ihr zu folgen. Aber was ist, wenn Tote, die sich selbst getötet haben, ganz woanders hinkommen als die anderen? Das Risiko ist Jona dann doch zu groß.
Jona denkt auch darüber nach, warum sein Vater ein Dämon wurde, und irgendwie kann er es sogar ein bisschen verstehen. Er selbst hatte nie die Wahl, er hat sich nicht selbst entschieden, sondern wurde als das geboren, was er heute ist. Wie er sich wohl entschieden hätte, wenn er eine Wahl gehabt hätte? Jona ist sich wirklich nicht sicher.
Mitten in Jonas Überlegungen platzt Matreus mit seiner Selbstmorddrohung. Nachdem Jona vergeblich versucht hat, Matreus mit Worten zur Vernunft zu bringen, rastet Zanrelot plötzlich aus, gibt Matreus eine schallende Ohrfeige, dass dem das Messer aus der Hand fällt, und richtet das Messer schließlich gegen sich selbst. Er macht Matreus und Jona Vorwürfe, dass jeder an sich selbst, Sarah und Amon denkt, aber niemand an ihn. Jona sieht seinen Vater nur stumm an. Er hat ja recht, und durch diesen Ausbruch wirkt er irgendwie … menschlich. Jona empfindet sogar so etwas wie Mitgefühl.
Matreus hingegen macht sich solche Gedanken offensichtlich nicht. Er fordert Zanrelot sogar noch auf, sich umzubringen. Jona seufzt leise, er kann Matreus zwar verstehen, aber das ist sicher nicht der richtige Weg, irgendetwas an seiner Situation zu ändern. Zanrelot reagiert dann auch eher trotzig und schleudert das Messer weg. Es hätte wohl auch nicht zu seinen Worten gepasst, wie sehr er die Machtlosigkeit des Todes hasst, wenn er wirklich Ernst gemacht hätte.
Als Matreus plötzlich ein Schwert findet, und es über Jonas Kopf hält, bereit, ihn jederzeit damit zu töten, sieht Jona ihn nur bedauernd an. Matreus verlangt erneut nach Anerkennung, aber Zanrelot hat in diesem Moment ganz sicher andere Gedanken, als ihm die zu geben. Jona hat keine Angst, dass Matreus ihn töten könnte. Er hat zwar versprochen, seinem Leben nicht selbst ein Ende zu setzen, aber wenn ihm die Entscheidung von anderer Seite abgenommen wird, wird er sich dagegen nicht zur Wehr setzen.
Zanrelot hingegen kämpft um das Leben seines Sohnes. Erst argumentiert er, dann bietet er sein eigenes Leben für das von Jona an, und schließlich nimmt die Wut überhand. Als er sich wieder unter Kontrolle hat, bemüht er sich sogar, Matreus klarzumachen, dass er es nur nicht so gut zeigen kann, wie wichtig er ihm ist, und bittet ihn aufzuhören. Bevor Matreus irgendeine Reaktion zeigen kann, trifft ihn ein greller Lichtstrahl, den der Abt ausgesendet hat, und er erstarrt.
Jona kann nicht anders, er atmet erleichtert auf. Er beobachtet, wie der Abt Messer und Schwert in schwarze Rosen verwandelt und danach seine Wunde heilt. Aber nicht nur das, Jona fühlt sich plötzlich wieder ganz kräftig und die Wärme kehrt in seine Glieder zurück. Er hat keine Ahnung, was genau der Abt gemacht hat, aber offenbar hat er dafür gesorgt, dass wieder genügend Blut durch seine Adern fließt. „Danke“, murmelt er leise. Mehr sagt er nicht, um den offensichtlich äußerst gereizten Abt nicht noch mehr zur Weißglut zu bringen.
Obwohl mit dem Abt in seiner derzeitigen Verfassung bestimmt nicht gut Kirschenessen ist, muss Jona sich doch ein Grinsen verkneifen, als der einen Fluch vom Stapel lässt. Zwar lässt er sich nicht gerne einen Kindskopf nennen, aber er sieht auch ein, dass sie alle sich ziemlich dämlich benommen haben. Jona nickt, als der Abt verlangt, dass sie das verbal untereinander ausmachen sollen, steht auf und geht zu Matreus hinüber. Er schaut ihm ruhig ins Gesicht und legt ihm eine Hand auf die Schulter. „Hör mal, Matreus“, sagt er sanft. „Niemandem ist geholfen, wenn du dich oder irgendjemanden anderen umbringst. Anerkennung kann man leider nicht erzwingen, am wenigsten durch ein solches Verhalten. Mach dich nicht noch unglücklicher. Du bist mein Cousin, mein Ziehbruder, und ich habe dich immer geliebt, auch wenn ich nicht da war. Du hast mir immer gefehlt. Wir haben jetzt endlich wieder zueinandergefunden. Willst du das gleich wieder wegwerfen, nur weil Zanrelot seine Gefühle nicht so zeigen kann, wie er möchte? Vergiss nicht, wie er erzogen wurde. Er hat es beinahe geschafft, sämtliche Gefühle abzulegen, nur bei seinen engsten Verwandten gelang es ihm nicht, seinem Vater und seinem Sohn. Er hat dich auch sehr gern, da bin ich ganz sicher, aber es fällt auch schwer, so etwas zu zeigen, wenn man dazu verdammt ist, sein Leben auf ewig als Gefangener zu verbringen. Du kannst jederzeit in die Oberwelt, das ist ihm verwehrt. Kannst du es ihm da verdenken, dass er oft gereizt ist? Verzweifelt und frustriert? Vielleicht sogar undankbar und ungerecht?“ Jona lächelt Matreus freundlich an. „Komm, lass uns wieder in die Gegenwart zurückkehren. Und wer weiß, was diese Reise für die Zukunft geändert hat. Lass es uns herausfinden.“