Charles O’Toole sitzt in einem gemütlichen Sessel vor seinem Kamin, ein Glas teuren Irischen Whiskey in der Hand. Mit Unbehagen denkt er, wie so oft, an seine Haft in Askaban zurück. An die Quälereien, die er durch die Wächter erdulden musste, den Hass, den ihm von seinen Mitgefangenen entgegenschlug, die Entbehrungen, den Schmutz, den Gestank, die Kälte und die Verzweiflung, die noch schlimmer wurden, wenn die Dementoren sich seiner Zelle näherten. Unwillkürlich erschauert er, hat das Gefühl, die Kälte dieser Zeit in seinen Knochen zu spüren, trotz des prasselnden Feuers vor ihm. Er wird die Schrecken, die er durchleben musste, wohl nie vergessen. Und wem hat er das zu verdanken? Justin und seiner Freundin Lucy! Wie oft hat er in seiner Zelle Rache geschworen. Der Gedanke an Rache war das Einzige, was ihn noch halbwegs bei Verstand bleiben ließ. Irgendwann, so schwor er sich jeden Tag viele Male, würde er wieder in Freiheit sein und den beiden alles heimzahlen. Jede Sekunde dieser Hölle in Askaban.
Nachdem ihm, anlässlich einer Massenflucht einer ganzen Reihe von Todessern, ebenfalls die Flucht gelang, tauchte er erst einmal unter. Er brauchte dringend eine neue Identität. Dabei kam ihm ein riesiger Zufall zu Hilfe. Auf seiner Flucht kam er durch ein Dorf, in dem sein Cousin mütterlicherseits, Alan Murray, lebte, und als er diesen zufällig auf der Straße entdeckte, fiel ihm die frappierende Ähnlichkeit zu ihm selbst auf. Man hätte sie direkt für Zwillinge halten können. Charles musste nicht lange überlegen. Er war in einer verzweifelten Situation, und die rechtfertigte in seinen Augen jede Tat. Er schlüpfte in die Rolle seines Cousins, dessen Leiche man garantiert niemals finden würde, und stellte bald fest, dass es eine sehr glückliche Wahl war. Nicht nur, dass er jetzt eine Identität hatte, unter der er nicht gesucht wurde, sein Cousin verfügte sogar über eine nicht unerhebliche Menge Geld, die Charles den Neustart seines Lebens sehr vereinfachte. Das Dorf, in dem sein Cousin lange gelebt hatte, verließ er und er kaufte sich ein einsam gelegenes Anwesen ganz in der Nähe von Carrickfergus. Gerne hätte er das bezaubernde Schloss gekauft, das direkt an der Küste stand, aber dieses war schon lange im Besitz der Familie Kincaid und stand nicht zum Verkauf. Aber so schnell würde er nicht aufgeben, er hat bereits Nachforschungen anstellen lassen, um den Eigentümer von Kincaid Castle ausfindig zu machen und ein Angebot zu unterbreiten, das dieser nicht würde zurückweisen können. Doch zuvor wird er seinen Sohn zu sich holen, damit er ebenfalls an der Rache teilhaben kann. Zu diesem Zweck hat er am Morgen einen Boten beauftragt, Jason aus seinem Heimatort abzuholen. Eigentlich müsste er längst da sein.
Wenig später meldet sein Butler ihm die Ankunft des Boten und Charles befiehlt, ihn sogleich vorzulassen. Als der Bote eintritt, runzelt Charles die Stirn, denn er kommt allein. „Was ist los, wo ist mein Sohn?“, herrscht er den Mann an, der sich unbehaglich windet. „Er war nicht mehr in Tullamore“, erwidert er zögernd und zieht den Kopf ein, als Charles lospoltert. „Was soll das heißen?!“ Der Bote erklärt, was er herausgefunden hat. „Ihr Sohn ist schon vor einiger Zeit abgereist. Ich konnte ermitteln, dass er nach Neuseeland ging. Ich habe mit den dortigen Behörden Kontakt aufgenommen und tatsächlich wurde ein junger Mann, auf den die Beschreibung passt, aufgegriffen. Leider hatte er einen Unfall und hat dabei sein Gedächtnis verloren. Seitdem befindet er sich in St. Mungo.“ Charles starrt den Boten fassungslos an. Mit einem Wutschrei wirft er das Glas mit dem Whiskey in den Kamin, wo er zischend verdampft. Der Bote macht unwillkürlich einen Schritt rückwärts und würde zu gerne fluchtartig den Raum verlassen, aber Charles sagt nur scharf: „Hiergeblieben! Sie werden nach London reisen und meinen Sohn aus diesem Loch herausholen. Ich werde seine Pflege selbst übernehmen.“ Der Bote verneigt sich und eilt hinaus. Zwar weiß er noch nicht, wie er es erreichen soll, dass er den Patienten mitnehmen kann, aber er hätte es keine weitere Sekunde mit diesem Wüterich in einem Raum ausgehalten.
Charles ergreift ein neues Glas und füllt es großzügig mit Whiskey. Er lässt sich in seinen Sessel fallen und sein Gesichtsausdruck ist wirklich zum Fürchten. Sein Sohn hat das Gedächtnis verloren? „Soso, ein Unfall also“, knurrt er leise vor sich hin. „Ein Unfall in Neuseeland? Von wegen. Der Unfall heißt wohl Lucy und Justin!“ Seine Finger schließen sich in unterdrückter Wut immer fester um das Glas, bis es in seiner Hand zerspringt. Genauso wird er diese beiden Verbrecher zerquetschen, wenn er sie in die Finger bekommt.“